Schlagwort: Stax Records

  • Elvis Presley im Stax-Studio 1973

    Elvis Presley im Stax-Studio 1973

    Im Juli 1973 trafen sich zwei der größten musikalischen Legenden von Memphis: Elvis Presley und das Stax-Studio. Elvis war auf der Suche nach einem Neuanfang und entschied sich, in der Stadt, die seine Karriere begründet hatte, neue Musik aufzunehmen. Das Stax-Studio, bekannt für seinen unverwechselbaren Soul-Sound und Künstler wie Isaac Hayes und Otis Redding, war zu dieser Zeit ein leuchtendes Zentrum der Musikszene. Für Elvis war dies eine Gelegenheit, seine musikalische Freiheit zu erkunden, auch wenn sein Leben von persönlichen Herausforderungen geprägt war – allen voran die Trennung von seiner Frau Priscilla.

    Die Stax-Sessions boten die Möglichkeit, Elvis mit den führenden Musikern der Stadt zusammenzubringen. Doch die Aufnahmen waren eine gemischte Erfahrung: Der King of Rock ’n‘ Roll rang mit seinen Emotionen und hatte Schwierigkeiten, die richtige musikalische Stimmung zu finden. Dennoch gelang es ihm, in den späteren Sessions im Dezember 1973 einen Funken seiner alten Stärke wiederzuentdecken. Diese Aufnahmen gelten heute als letztes großes Aufbäumen eines Mannes, dessen musikalisches Erbe unvergessen bleibt.

    Ein Wendepunkt in Elvis‘ Karriere und Leben

    Im Jahr 1973 befand sich Elvis an einem Scheideweg – sowohl in beruflicher als auch in persönlicher Hinsicht. Sein langjähriger Manager Colonel Tom Parker hatte Elvis‘ Musikkatalog an RCA verkauft, was seine finanzielle Freiheit sicherte. Gleichzeitig hatten Elvis und Parker mit Whitehaven Music ihre eigene Musikfirma gegründet, um die Kontrolle über ihre Veröffentlichungen zu stärken. Dennoch war diese Phase seines Lebens von persönlichen Problemen überschattet, insbesondere von der Trennung von seiner Frau Priscilla Presley. Dieser Umstand und der anhaltende Druck, neue Musik zu liefern, machten diese Zeit für Elvis zu einer schwierigen Phase.

    Colonel Parker und Elvis im Stax-Studio, Dezember 1973
    Manager Colonel Tom Parker und Elvis Presley im Stax-Studio in Memphis im Dezember 1973

    Marty Lacker – ein enger Freund und Vertrauter von Elvis Presley und Mitglied der „Memphis Mafia“ – der bereits 1969 an den legendären American Studio-Sessions beteiligt war, wurde von Elvis in sein Zuhause, Graceland, gerufen. Elvis bat ihn, ein Studio in Memphis zu finden, da er nicht weit von seiner Tochter Lisa Marie entfernt sein wollte. Lacker schlug das Stax-Studio vor, das durch den Erfolg von Isaac Hayes‘ „Shaft“-Soundtrack und anderen Hits auf einem Höhepunkt war. Die Wahl fiel auf Stax, nicht nur wegen der Nähe zu Graceland, sondern auch, weil es als sicherer Ort für die privaten Elvis-Sessions diente.

    1. Stax-Session im Juli 1973 – Zwischen Frust und musikalischem Potenzial

    Am 21 Juli 1973 betrat Elvis das Stax-Studio für seine erste Session, doch die Atmosphäre war von seiner schwierigen Gemütslage geprägt. In den drei Tagen der Aufnahmen wurde schnell deutlich, dass Elvis’ Auftrittsstärke stark von seiner Stimmung abhing. Noch belastet von den Ereignissen rund um seine Scheidung, fiel es ihm schwer, sich auf die Musik einzulassen, und das ausgewählte Material entsprach nicht seinen Erwartungen. Songs wie „Three Corn Patches“ und ähnliche sentimentale Titel schafften es nicht, die Leidenschaft und das Feuer in ihm zu entfachen.

    Elvis fühlte sich zudem durch einige Songs emotional belastet, da er sich nicht in der Lage sah, Texte zu singen, die seine eigene, noch frische Trennung von Priscilla widerspiegelten. So probte er den emotionalen Song „We Had It All“, aber befürchtete, dass Fans diesen zu persönlich auf ihn beziehen könnten und entschied sich, ihn letztlich nicht aufzunehmen.

    Während dieser Session arbeitete er mit einigen seiner langjährigen Bandmitglieder der TCB-Band zusammen, wie dem Gitarristen James Burton und dem Schlagzeuger Ronnie Tutt. Einige bekannte Stax-Musiker, wie der Bassist Duck Dunn und der Gitarrist Bobby Manuel, waren ebenfalls dabei. Manuel war besonders aufgeregt, da er hoffte, mit Elvis Songs aus dem berühmten Stax-Katalog zu spielen. Doch der Plan, ikonische Stax-Songs wie jene von Otis Redding zu interpretieren, wurde letztlich nicht umgesetzt. Stattdessen konzentrierten sich die Sessions auf anderes Material, das für Elvis’ Stimmungszustand nicht förderlich war.

    Aufnahmen von 21. – 23. Juli 1973

    1. If You Don’t Come Back
      (Session: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis)
    2. Three Corn Patches
      (Session: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis)
    3. Take Good Care of Her
      (Session: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis)
    4. Find Out What’s Happening
      (Session: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis)
    5. I’ve Got a Thing About You Baby
      (Session: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis)
    6. Just a Little Bit
      (Session: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis)
    7. Raised on Rock
      (Session: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis)
    8. For Ol’ Times Sake
      (Session: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis)
    9. Girl of Mine
      (Session: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis)
    10. Sweet Angeline
      (Session: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis)

    Sessioninfos

    • Aufnahme: 21. – 23. Juli 1973, Stax Studios, Memphis
    • Gitarre: James Burton, Reggie Young, Charlie Hodge
    • Bass: Tommy Cogbill
    • Schlagzeug: Ronnie Tutt, Jerry Carrigan
    • Piano: Bobby Wood
    • Orgel: Bobby Emmons
    • Gesang: Kathy Westmoreland, Mary (Jeannie) Greene, Mary Holladay, Ginger Holladay, J.D. Sumner & The Stamps
    • Overdub-Gitarre: Dennis Linde

    2. Stax-Session im Dezember 1973 – Eine künstlerische Wiedergeburt

    Fünf Monate später, im Dezember 1973, kehrte Elvis für eine zweite Aufnahmesession (10. – 16. Dezember 1973) ins Stax-Studio zurück. Inzwischen war seine Scheidung offiziell vollzogen, und Elvis hatte eine neue Beziehung zu Linda Thompson, einer ehemaligen Schönheitskönigin aus Tennessee, begonnen. Physisch und emotional gestärkt, trat er voller Energie in diese Session. Diese Zeit markierte einen Wendepunkt für ihn, da er den emotionalen Schmerz der vergangenen Monate hinter sich lassen konnte.

    Für die zweite Session arbeitete Elvis mit neuen Musikern, darunter einigen Veteranen der Muscle Shoals Szene wie dem Bassisten Norbert Putnam. Putnam bemerkte schnell, dass Elvis wieder auflebte und seine Rolle als musikalischer Anführer der Band übernahm. Elvis war in der Lage, die Musiker mit seiner Präsenz und seiner Stimme zu leiten und eine inspirierende Atmosphäre im Studio zu schaffen.

    In dieser Session konnte Elvis seine musikalische Kraft voll entfalten. Das Material war wesentlich stärker als in der Juli-Session und umfasste Songs von einigen seiner Lieblingsautoren, wie Dennis Linde, dem Schöpfer von „Burning Love“, sowie Jerry Reed, dem Komponisten des Hits „Guitar Man“. Selbst weniger gewichtige Stücke, wie „Mr. Songman“, wurden durch Elvis’ stimmliche Interpretation zu bewegenden Darbietungen. Das warme und entspannte Ambiente im Studio trug dazu bei, dass Elvis seine charismatische Präsenz wieder voll auslebte.

    Aufnahmen vom 10. – 16. Dezember 1973

    • I Got a Feeling in My Body
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • It’s Midnight
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • You Asked Me To
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • If You Talk in Your Sleep
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • Mr. Songman
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • Thinking About You
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • Love Song of the Year
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • Help Me
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • My Boy
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • Loving Arms
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • Good Time Charlie’s Got the Blues
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • Talk About the Good Times
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • Promised Land
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • Your Love’s Been a Long Time Coming
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • There’s a Honky Tonk Angel
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • If That Isn’t Love
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • Spanish Eyes
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)
    • She Wears My Ring
      (Session: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis)

    Sessioninfos

    • Aufnahme: 10. – 16. Dezember 1973, Stax Studios, Memphis
    • Gitarre: James Burton, Johnny Christopher, Charlie Hodge
    • Bass: Norbert Putnam
    • Schlagzeug: Ronnie Tutt
    • Piano & Olgel: David Briggs, Per-Erik Hallin
    • Gesang: Kathy Westmoreland, Mary (Jeannie) Greene, Mary Holladay, Susan Pilkington, Voice, J.D. Sumner & The Stamps
    • Overdubs:
      • Guitar: Dennis Linde, Alan Rush
      • Percussion: Rob Galbraith
      • Piano: Bobby Ogdin
      • Organ: Randy Cullers
      • Vocals: Ginger Holladay, Mary Holladay, Mary Cain

    Veröffentlichungen und Vermächtnis der Stax-Sessions

    Die Ergebnisse der Stax-Sessions wurden auf den ALben „Raised on Rock“ im Jahr 1973, „Good Times“ im Jahr 1974 und „Promised Land“ im Jahr 1975 veröffentlicht. Die Songs aus den Sessions brachten Elvis mehrere Top-20-Hits ein, doch die Veröffentlichungen wurden schnell von einer Flut an anderen Projekten, wie einem weiteren Live-Album und einem umstrittenen Spoken-Word-Projekt, überschattet.

    Album - Good Times und Promised Land - Elvis Presley
    Die Aufnahmen der Stax-Sessions wurden unter anderem auf den Alben „Good Times“ im Jahr 1974 und „Promised Land“ im Jahr 1975 veröffentlicht.

    Trotz dieser Umstände heben sich viele der Stax-Aufnahmen als besonders lebendige und bedeutungsvolle Momente in Elvis’ Karriere hervor. Robert Gordon, ein Musikhistoriker aus Memphis, beschreibt die Sessions als eine Art „Offenbarung“, da sie einen erneuten Funken von Elvis’ musikalischer Kraft zeigen, den er nach der harten Scheidungsphase wiederfand.

    Die Stax-Sessions waren nicht die letzten Aufnahmen, die Elvis in Memphis machte. 1976 sollte er in seinem Jungle Room in Graceland seine letzten Studioaufnahmen einspielen, doch die Stax-Tracks bleiben das letzte große Aufblühen seines künstlerischen Schaffens.

    Zum 40. Jubiläum im Jahr 2013 erschien das Album „Elvis At Stax“. Dieser Tonträger vereinte die besten Tracks aus den Sommer- und Wintersessions, in denen Elvis nach einer persönlichen und künstlerischen Neuorientierung suchte. Mit einer Mischung aus Rock, Soul und Country reflektiert „Elvis At Stax“ die stilistische Vielfalt und musikalische Tiefe des King of Rock ’n‘ Roll in dieser Phase. Die Deluxe-Edition bietet zudem zahlreiche Outtakes, Remixe und Studioeinblicke, die die Arbeitsweise von Elvis greifbar machen. Für Fans und Kenner ist „Elvis At Stax“ ein unverzichtbares Dokument, das die leidenschaftliche Energie und das kreative Potenzial dieser Sessions einfängt.

    Elvis At Stax - Delux-Album - 2013
    Die Deluxe-Edition von Elvis At Stax präsentiert alle Aufnahmen der legendären Stax-Sessions von 1973. Mit unveröffentlichten Outtakes, Studio-Gesprächen und reichhaltigem Bildmaterial ein Muss für Fans!

    Fazit: Ein künstlerisches Erbe mit Licht und Schatten

    Elvis’ Sessions im Stax-Studio 1973 sind ein faszinierendes Kapitel in der Geschichte des Rock ’n‘ Roll und der Soul-Musik. Sie zeigen einen Künstler, der sich nach einer schwierigen persönlichen Krise wieder aufrichtete und seine musikalische Leidenschaft neu entdeckte. Die Zusammenarbeit mit Stax bot die Gelegenheit, Memphis‘ unvergleichliche musikalische Tradition zu feiern, auch wenn die Verbindung zwischen Elvis und den Stax-Musikern in kreativer Hinsicht weniger intensiv ausfiel, als man es sich gewünscht hätte.

    Die Stax-Sessions bleiben ein Beleg für die Resilienz und das künstlerische Vermächtnis eines Mannes, der trotz persönlicher Schwierigkeiten stets bestrebt war, seine musikalische Kraft zu erneuern und zu zeigen, dass er noch immer der „King“ war.

  • Stax Records, Memphis

    Stax Records, Memphis

    Stax Records, ein Independent-Label aus Memphis, Tennessee, zählt zu den einflussreichsten Musikunternehmen in der Geschichte des Soul. Gemeinsam mit Motown Records aus Detroit prägte es in den 1960er und 1970er Jahren die Entwicklung der afroamerikanischen Musikszene und brachte mit dem „Memphis Soul“ einen unverkennbaren Sound hervor. Durch die Förderung und Produktion zahlreicher bedeutender Künstler und Bands setzte Stax Maßstäbe und etablierte sich als musikalische Heimat für Ikonen wie Otis Redding, Booker T. & the M.G.’s, Isaac Hayes und viele andere.

    Mit einem besonderen Fokus auf die Verbindung von Gospel, Blues und Soul entwickelte Stax Records nicht nur eine eigene Stilrichtung, sondern trug entscheidend zur Popularisierung und Kommerzialisierung der Soulmusik bei. Das Label gilt bis heute als einzigartiges Symbol für die Kreativität und Innovation jener Ära und ist tief verwurzelt in der Geschichte und Kultur von Memphis.

    Gründung und frühe Jahre (1957–1960)

    Stax Records wurde im Dezember 1957 von Jim Stewart und seiner Schwester Estelle Axton in Memphis gegründet. Stewart, ein weißer Bankangestellter und passionierter Country-Musiker, und Axton, eine Lehrerin, wollten ursprünglich ein Country-Label aufbauen. Sie finanzierten das Unternehmen mit einem Darlehen und nannten es zunächst „Satellite Records“. Doch Memphis war bereits ein hart umkämpfter Markt mit konkurrierenden Labels wie Sun Records, Hi Records und Goldwax Records. Schon bald entschieden sich die Gründer, sich auf afroamerikanische Musiker zu konzentrieren, was das Unternehmen in eine völlig neue Richtung lenkte.

    Stax Records, Memphis, Museum
    Das Stax Museum of American Soul Music, das auf dem Gelände des Stax-Aufnahmestudios errichtet wurde, wurde 2003 eröffnet und zeigt Ausstellungen zur Geschichte von Stax Records und der Soulmusik in Memphis (Foto: PaulMcKinnon – iStock)

    Die erste Veröffentlichung des Labels war die Single „Blue Roses / Give Me Your Love“ von Fred Byler. Trotz bescheidener Erfolge konnte Satellite Records im Jahr 1960 den ersten bedeutenden Erfolg mit „Cause I Love You“ von Rufus & Carla Thomas verbuchen. Der Titel erregte die Aufmerksamkeit von Atlantic Records, die das Label fortan landesweit vertrieb und Satellite somit eine breitere Basis an Zuhörern eröffnete.

    Umbenennung in Stax und Aufbau des Katalogs (1961–1965)

    Nach einer rechtlichen Auseinandersetzung mit einem Label gleichen Namens in Los Angeles wurde „Satellite Records“ 1961 in „Stax Records“ umbenannt. Der neue Name setzte sich aus den Initialen der Gründer Stewart und Axton zusammen. Die folgende Phase war geprägt von einer außergewöhnlichen Kreativität und dem Aufstieg von Stax zu einem der führenden Labels der Soul- und R&B-Musik. Jerry Wexler von Atlantic Records gewährte Stax weitgehende künstlerische Freiheit, was den Musikern ermöglichte, einen unverwechselbaren Sound zu entwickeln, der bald als „Stax-Sound“ oder „Memphis Soul“ bekannt wurde.

    Der große Erfolg des Instrumentaltitels „Last Night“ von den Mar-Keys und insbesondere die Hits von Booker T. & the M.G.’s mit „Green Onions“ halfen dabei, die einzigartige Identität des Labels zu formen. Das spontane und direkte Produktionsprinzip, bei dem viele Arrangements im Studio entstanden, verlieh den Aufnahmen eine außergewöhnliche Energie und Authentizität.

    Aufstieg und Erfolg mit Künstlern wie Otis Redding, Wilson Pickett und Sam & Dave (1965–1968)

    Stax Records erlebte seinen Höhepunkt, als Künstler wie Otis Redding, Wilson Pickett und das Duo Sam & Dave in den Studios auftraten. Besonders Redding, der durch Songs wie „(Sittin’ on) The Dock of the Bay“ und „I’ve Been Loving You Too Long“ unsterblich wurde, trug maßgeblich zur Popularität des Labels bei. Seine ausdrucksstarken Balladen und energiegeladenen Performances symbolisierten den Memphis Soul wie kein anderer.

    Wilson Picketts „In the Midnight Hour“ und „634-5789 (Soulsville U.S.A.)“ sowie Sam & Daves „Hold On, I’m Comin’“ und „Soul Man“ wurden zu Hymnen des Souls und erreichten hohe Chartplatzierungen. Die enge Zusammenarbeit der Künstler mit Booker T. & the M.G.’s sowie der Memphis Horns schuf einen homogenen Sound, der den „Stax-Sound“ als Markenzeichen prägte.

    Expansion und Konkurs (1968–1975)

    Die Trennung von Atlantic Records im Jahr 1968 führte zu einer großen Herausforderung für Stax Records, da das Unternehmen die Rechte an den bisherigen Masterbändern verlor. Dank Al Bell, einem neuen Geschäftspartner und Vertriebsleiter, konnte das Label jedoch ein neues Repertoire aufbauen und expandierte weiter. Neben Otis Redding war Isaac Hayes ein wichtiger Künstler, der sich von einem Komponisten und Produzenten zu einem Interpreten entwickelte. Sein Album „Hot Buttered Soul“ (1969) und der Soundtrack zu „Shaft“ (1971) etablierten ihn als Superstar und brachten Stax weltweite Anerkennung.

    1972 richtete Stax mit dem „Wattstax“-Festival in Los Angeles ein denkwürdiges Event aus, das als „schwarzes Woodstock“ in die Geschichte einging. Trotz dieser Erfolge geriet das Label ab 1974 aufgrund rückläufiger Umsätze und finanzieller Probleme zunehmend in Schwierigkeiten und musste 1975 Konkurs anmelden. Die Kataloge und Rechte wurden schließlich an Fantasy Records verkauft.

    Elvis im  Dezember 1973 im Stax Studio in Memphis
    Elvis im Dezember 1973 im Stax Studio in Memphis (Foto: Sony/BMG)

    Elvis Presley im Stax-Studio

    Obwohl Stax Records hauptsächlich für seine afroamerikanischen Künstler bekannt war, zog es im Jahr 1973 den berühmten Rock ’n‘ Roll-König Elvis Presley in das Studio in der McLemore Avenue. Presley, der bereits eine große Karriere hinter sich hatte und vor allem durch seine Aufnahmen bei Sun Records bekannt war, kehrte damit symbolisch in die Stadt seiner Anfänge zurück. Seine Aufnahme-Sessions bei Stax gelten als eine seiner letzten produktiven Phasen im Studio und zeigen die Vielseitigkeit und Reife seiner Stimme.

    Im Juli (20. – 23. Juli 1973) und Dezember (10. – 16. Dezember 1973) fand Elvis Presley in Stax die ruhige und inspirierende Atmosphäre, die er für seine späten Werke benötigte. Während der zwei Sessions spielte er insgesamt 28 Songs ein, die u.a. auf den Alben „Raised on Rock“ (Oktober 1973) und „Good Times“ (März 1974) veröffentlicht wurden. Die Songs umfassten Balladen und Up-Tempo-Nummern und spiegelten Presleys musikalische Bandbreite wider.

    • If You Don’t Come Back (21. – 23. Juli 1973)
    • Three Corn Patches (21. – 23. Juli 1973)
    • Take Good Care of Her (21. – 23. Juli 1973)
    • Find Out What’s Happening (21. – 23. Juli 1973)
    • I’ve Got a Thing About You Baby (21. – 23. Juli 1973)
    • Just a Little Bit (21. – 23. Juli 1973)
    • Raised on Rock (21. – 23. Juli 1973)
    • For Ol’ Times Sake (21. – 23. Juli 1973)
    • Girl of Mine (21. – 23. Juli 1973)
    • Sweet Angeline (21. – 23. Juli 1973)
    • I Got a Feeling in My Body (10. – 16. Dezember 1973)
    • It’s Midnight (10. – 16. Dezember 1973)
    • You Asked Me To (10. – 16. Dezember 1973)
    • If You Talk in Your Sleep (10. – 16. Dezember 1973)
    • Mr. Songman (10. – 16. Dezember 1973)
    • Thinking About You (10. – 16. Dezember 1973)
    • Love Song of the Year (10. – 16. Dezember 1973)
    • Help Me (10. – 16. Dezember 1973)
    • My Boy (10. – 16. Dezember 1973)
    • Loving Arms (10. – 16. Dezember 1973)
    • Good Time Charlie’s Got the Blues (10. – 16. Dezember 1973)
    • Talk About the Good Times (10. – 16. Dezember 1973)
    • Promised Land (10. – 16. Dezember 1973)
    • Your Love’s Been a Long Time Coming (10. – 16. Dezember 1973)
    • There’s a Honky Tonk Angel (10. – 16. Dezember 1973)
    • If That Isn’t Love (10. – 16. Dezember 1973)
    • Spanish Eyes (10. – 16. Dezember 1973)
    • She Wears My Ring (10. – 16. Dezember 1973)

    Die Zusammenarbeit mit Stax gab Elvis Presley die Möglichkeit, in einer unkonventionellen Umgebung zu arbeiten, die ihn zu neuen stimmlichen Höhen inspirierte. Obwohl die Titel nicht den kommerziellen Erfolg seiner früheren Hits erzielten, werden sie heute als wertvolle Dokumente seiner künstlerischen Reife angesehen. Sie unterstreichen, wie sehr Presley von der Musiklandschaft seiner Heimatstadt Memphis beeinflusst wurde und wie er versuchte, diesen Einfluss in seine eigenen Werke einfließen zu lassen. Die Stax-Sessions fügen eine besondere Note zu seinem musikalischen Erbe hinzu und verdeutlichen die gegenseitige Inspiration zwischen Rock ’n‘ Roll und Soul.

    Album - Elvis At Stax
    Zum 40. Jubiläum von Elvis’ legendären Studio Sessions in Memphis erscheint „Elvis At Stax“. Zwischen 1973 und 1975 platzierten sich alle sechs Stax-Singles in den Top 40 und markieren für viele Experten einen Meilenstein im Schaffen von Elvis Presley.

    Wiederbelebung und Erbe von Stax Records (ab 1976)

    Das legendäre Studio von Stax Records in der 926 E. McLemore Avenue, Memphis, TN 38106, das seit den frühen 1960er Jahren als Produktionsstätte für den einzigartigen „Memphis Soul“-Sound diente, wurde 1989 abgerissen. Trotz seiner Rolle in der Musikgeschichte konnte das Gebäude aufgrund finanzieller Schwierigkeiten und der wechselhaften Besitzverhältnisse des Labels nicht erhalten werden. Doch das Erbe von Stax und seine Bedeutung für die afroamerikanische Kultur und die Soulmusik gingen nicht verloren. Im Mai 2003 erfolgte der symbolträchtige Wiederaufbau des Studios an genau derselben Stelle in der McLemore Avenue – diesmal jedoch als Museum. Das Stax Museum of American Soul Music öffnete seine Türen als Hommage an die Geschichte und den Einfluss des Labels und umfasst heute eine umfangreiche Sammlung, die von den frühen Erfolgen des Labels über das Leben und Wirken seiner Künstler bis hin zu den sozialen Einflüssen reicht, die die Musikszene von Memphis prägten.

    Das Museum ist nicht nur ein Anlaufpunkt für Musikliebhaber und Historiker, sondern auch ein lebendiger Ort der Erinnerung und Bildung. Es beherbergt mehr als 2.000 Artefakte, darunter Instrumente, Bühnenkostüme und persönliche Gegenstände von Stax-Künstlern wie Otis Redding, Isaac Hayes und Booker T. & the M.G.’s. Zudem rekonstruiert das Museum das Studio-Setup und die kreative Umgebung, in der einige der bedeutendsten Soul-Songs des 20. Jahrhunderts entstanden sind.
    Reaktivierung von Stax Records unter Concord Records

    Nach der Übernahme von Fantasy Records durch Concord Records im November 2004 für 83 Millionen Dollar erlangte das Label erneut Aufmerksamkeit. Diese Übernahme ermöglichte die Reaktivierung von Stax Records im Dezember 2006 – rechtzeitig zum 50-jährigen Bestehen des Labels im Jahr 2007. Mit einem neuen Management und einem erweiterten Katalog an Veröffentlichungen wollte Concord Records an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen und das Erbe von Stax in die Gegenwart überführen. Die Reaktivierung war mehr als nur eine geschäftliche Entscheidung; sie stellte eine Hommage an das Vermächtnis von Stax und die Bedeutung der Soulmusik dar.

    Zu den Feierlichkeiten rund um das 50-jährige Jubiläum von Stax gehörte die Veröffentlichung einer umfassenden CD-Box am 13. März 2007. Diese Jubiläums-Kollektion umfasst 50 der größten Hits des Labels und erinnert an eine Ära, in der Stax die Welt der Musik nachhaltig beeinflusste. Diese Box-Edition bot den Fans und neuen Zuhörern eine Gelegenheit, die Klassiker des Labels in restaurierter Klangqualität zu erleben, und zeigte die musikalische Bandbreite und das kreative Potenzial, das Stax hervorgebracht hatte.

    Moderne Künstler bei Stax

    Mit der Wiederbelebung von Stax Records begann das Label auch, sich modernen Soul- und Funk-Künstlern zu widmen, die von der Tradition und dem Geist des klassischen Stax inspiriert sind. Zu den ersten Neuveröffentlichungen gehörten Werke der Nu-Soul-Sängerin Angie Stone und der Soul-Funk-Formation Soulive. Angie Stone, deren Musik starke Einflüsse des klassischen Soul aufweist, und die Band Soulive, die für ihre energetischen Funk- und Jazz-Kompositionen bekannt ist, trugen dazu bei, das Label mit frischem Sound in die Neuzeit zu führen. Die Zusammenarbeit mit diesen Künstlern symbolisierte den Wunsch, das Erbe von Stax fortzuführen, indem es moderne Einflüsse und traditionelle Soul-Elemente miteinander verband.

    Mit diesen Schritten gelang es Stax Records, den Einfluss des „Memphis Soul“ auch im 21. Jahrhundert spürbar zu machen. Das Label war und ist ein Ort der Inspiration für neue Künstler und eine kulturelle Institution, die den Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart der Soulmusik möglich macht. Die Fortsetzung des Labels dient als lebendiges Denkmal für die Pioniere des Soul und sichert das musikalische Vermächtnis für kommende Generationen.

    Fazit – Heart of Memphis Soul

    Stax Records war weit mehr als nur ein Musiklabel – es war ein kulturelles Phänomen und eine Brücke zwischen Genres und Gemeinschaften. Das Label repräsentierte nicht nur die künstlerischen Stimmen von Afroamerikanern in den USA, sondern stand auch für den kreativen Austausch zwischen Soul, Gospel, Blues und Rock ’n‘ Roll. Durch die Pionierarbeit von Musikern und Produzenten wie Otis Redding, Booker T. & the M.G.’s, Isaac Hayes und später auch Elvis Presley prägte Stax die Musikgeschichte nachhaltig und verhalf dem „Memphis Soul“ zu weltweiter Bekanntheit.

    Heute, Jahrzehnte nach seinem finanziellen Niedergang, bleibt das Erbe von Stax lebendig. Die Wiedereröffnung des Studios als Museum im Jahr 2003 und die kontinuierliche Reaktivierung des Labels erinnern an die einzigartige Bedeutung von Stax Records.

    Anschrift und Standort

    The Stax Museum of American Soul Music
    926 E. McLemore Ave, Memphis, TN 38106, USA
    Telefon: +1 901-261-6338
    Webseite: staxrecords.com